Don't Go Near The Water | Erwin Gross, Tobias Hantmann, Elke Silvia Krystufek, Josef Zekoff
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Press release
"A water-drinking shepherd boy. Here, the human completely merges with the earth. It could be a sheep or a cow heading to the water in the scorching sunlight." (Albin Egger-Lienz, "The Source")
The element of water possesses remarkable versatility in art. From realistic depictions to abstract metaphors, it serves as a medium for artists to explore aesthetic, emotional, social, and philosophical concepts. The phrase "Don’t Go Near the Water," a song title by the American rock band The Beach Boys, encapsulates the multifaceted connotations of water: it can be a warning about ecological dangers, a symbol of the unknown, a barrier, nostalgia, or the constant flow of life. This ambivalence is vividly reflected in the works of the featured artists Erwin Gross, Tobias Hantmann, Elke Silvia Krystufek, and Josef Zekoff.
Erwin Gross is a painter of abstract atmospheres, where water appears as a often unidentifiable motif. His paintings are characterized by atmospheric density and transparency, reminiscent of fog or mist. His process-oriented application of color—layering, washing out, and piling up pigments—evokes the fluidity and behavior of water on a surface. Gross creates suggested, dissolved landscapes where forms blur, and the boundary between object and abstraction becomes fluid. Here, water symbolizes ambiguity, hidden beauty, and the melancholic mood created by translucent color applications.
In Tobias Hantmann’s work, the dialectic of form and dissolution is revealed. Fountain motifs recur in his paintings over the years. Whether central and filling the image or emerging at different points, they traverse the surface, appearing and disappearing, challenging the distinction between figure and ground. For him, these motifs become a meditation on perception, illustrating the impossibility of fixation through the form of the rising and falling water jet, which peaks and then descends again. Hantmann’s fountains evoke associations with branching plants, blood vessels, ejaculation, or exclamation marks. They disturb, they seem tragic, playful, festive, and everyday. As an unfathomable motif, they invite viewers to surrender to the beauty of transience.
Elke Silvia Krystufek uses water as a central metaphor for identity, desire, and transformation. It represents a space of retreat and longing, beyond societal norms and urban order. In her exhibition Liquid Logic (MAK, Museum of Applied Arts, 2007), she links water to the concept of a fluid, non-binary self—thinking of identity as something mobile and open. From a feminist perspective, she employs the motif to question rigid gender roles and to portray the body as a permeable, changeable system. The water motif also references artistic positions like Bas Jan Ader, whose disappearance at sea she interprets as a symbol of slipping out of fixed roles. Water thus becomes an aesthetic and political medium for self-empowerment, dissolution, and redefinition.
Josef Zekoff also rarely depicts water explicitly, but its qualities resonate in his mysterious and fragmentary visual language. A central theme in his work is vessels, often empty or only suggested. These vessels, traditionally holding water, symbolize potentiality and the capacity to contain or preserve. Zekoff’s flowing, labyrinthine forms and lines can evoke underground rivers or invisible currents, creating a dreamlike and disorienting atmosphere. The bathers, who "look out from the frame," serve as a key to what lies outside. They act as a bridge between the depicted world and the viewer’s reality, breaking the boundary of the image and drawing attention beyond the painted surface. What lies outside is thus the viewer’s space, the real environment, as well as the imagination and memories evoked by the artwork.
The phrase "Don’t Go Near the Water" may be a warning, but the artistic positions in this exhibition prove that it is worth repeatedly approaching the water, in all its forms and meanings.
Pressetext
„Ein Wasser trinkender Hirtenknabe. Da verwächst der Mensch total mit der Erde. Es könnte ein Schaf oder Rind sein, welches in heißer Sonnenglut zum Wasser strebt.“ (Albin Egger-Lienz, „Die Quelle“).
Das Element Wasser besitzt in der Kunst eine bemerkenswerte Wandlungsfähigkeit. Von der realistischen Darstellung bis hin zur abstrakten Metapher dient es KünstlerInnen als Medium, um ästhetische, emotionale, soziale und philosophische Konzepte abzuhandeln. „Don’t Go Near the Water“, ein Songtitel der amerikanischen Rockband The Beach Boys, fasst die vielschichtigen Konnotationen von Wasser zusammen: Es kann Warnung vor ökologischen Gefahren, Symbol für das Unbekannte, Barriere, Nostalgie oder den ständigen Fluss des Lebens bedeuten. Diese Ambivalenz manifestiert sich eindrücklich in den Arbeiten der präsentierten KünstlerInnen Erwin Gross, Tobias Hantmann, Elke Silvia Krystufek und Josef Zekoff.
Erwin Gross ist ein Maler der abstrakten Atmosphäre, bei dem Wasser als oft nicht identifizierbares Motiv auftritt. Seine Gemälde sind oft von einer atmosphärischen Dichte und Transparenz geprägt, die an Nebelfelder oder Dunstschleier erinnern. Die prozessuale Anwendung von Farbe – das Schichten, Auswaschen und Aufschütten von Pigmenten – evoziert die Fließfähigkeit und das Verhalten von Wasser auf einer Oberfläche. Gross schafft damit angedeutete, aufgelöste Landschaften, in denen Formen verschwimmen und die Grenze zwischen Gegenstand und Abstraktion fließend ist. Wasser wird hier zu einem Symbol für Unbestimmtheit, verborgene Schönheit und die melancholische Stimmung, die durch lasierende Farbaufträge entsteht.
Im Werk von Tobias Hantmann offenbart sich die Dialektik von Form und Auflösung. Seit Jahren sind Fontänen wiederkehrendes Motiv in seiner Malerei. Zentral und bildfüllend oder unvermittelt an unterschiedlichen Stellen aufsteigend, durchzeihen sie die Bildoberflächen, schieben sich vor und dazwischen und führen die Grenzziehung zwischen Figur und Grund ad absurdum. Auch dieses Motiv wird bei ihm zur Meditation des Sehens, indem er an der Gestalt der schmalen Wassersäule, in der das Wasser aufsteigt, um am höchsten Punkt umzukehren und herabzufallen, die Unmöglichkeit einer Fixierung zeigt und sie gleichzeitig als Formulierung festhält. Hantmanns Fontänen wecken Assoziationen an verästelte Gewächse, Blutgefäße, Ejakulat, Ausrufezeichen. Sie stören, sie wirken tragisch, spielerisch, festlich, alltäglich. Als Motiv unfassbar, laden sie ein, sich der Schönheit des Transitorischen hinzugeben.
Im Werk von Elke Silvia Krystufek spielt Wasser eine zentrale Rolle als Metapher für Identität, Begehren und Transformation. Es steht für einen Raum des Rückzugs und der Sehnsucht, jenseits gesellschaftlicher Normen und urbaner Ordnung. In ihrer Ausstellung Liquid Logic (MAK,Museum für Angewandte Kunst, 2007), verknüpft Elke Silvia Krystufek Wasser mit dem Konzept eines fluiden, nicht-binären Selbst – Identität wird hier als etwas Bewegliches und Offenes gedacht. Aus einer feministischen Perspektive nutzt sie das Motiv, um starre Geschlechterbilder zu hinterfragen und den Körper als durchlässiges, wandelbares System darzustellen. Zugleich verweist das Wassermotiv auf künstlerische Positionen wie Bas Jan Ader, dessen Verschwinden im Meer sie als Bild für das Entgleiten aus festgelegten Rollen umdeutet. Wasser wird so zum ästhetischen wie politischen Medium für Selbstermächtigung, Auflösung und Neuentwurf.
Auch bei Josef Zekoff ist Wasser selten ein vordergründiges Motiv, doch seine Eigenschaften klingen in seiner geheimnisvollen und fragmentarischen Formensprache nach. Ein zentrales Thema sind bei Zekoff die Gefäße, die oft leer oder nur angedeutet sind. Diese Gefäße, die traditionell Wasser enthalten, werden zu Symbolen für die Potenzialität des Inhalts, für das Erfassen und Bewahren. Zekoffs fließende, labyrinthartige Formen und Linien können an unterirdische Flüsse oder unsichtbare Strömungen erinnern, die eine traumähnliche und desorientierende Atmosphäre verstärken. Der Badende, der "aus dem Format blickt", ist der Schlüssel zu dem, was außerhalb liegt. Er ist die Brücke zwischen der dargestellten Welt und der realen Welt der Betrachtenden. Er durchbricht die Grenze des Bildes und zieht den Blick über das Gemalte hinaus. Das, was außerhalb liegt, ist somit der Raum des Betrachters, die reale Umgebung, aber auch die Imagination und die Erinnerungen, die das Bild hervorruft.
Die Aufforderung „Don’t Go Near the Water“ mag eine Warnung sein, doch die künstlerischen Positionen dieser Ausstellung beweisen, dass es sich lohnt, dem Wasser, in all seinen Formen und Bedeutungen, immer wieder nahe zu kommen.