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Exhibition
13.12.2024 - 31.01.2025

Hans-Peter Thomas

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Press release

“The thing with the birds, Mrs. Thomas, feels exactly like the world is today”

Bernd Kugler is delighted to show Hans-Peter Thomas’s new bird paintings in Innsbruck. It is the artist's 5th solo exhibition with the gallery.

This first piece of information is worded as usual but not really correct. Hans-Peter Thomas signs himself with “Bara”. Bara’s pictures have no titles and they are not called “bird pictures” either. But the motifs on the canvases in this exhibition are exclusively birds. Some of them seem to have been applied to the color arrangements surrounding them, some seem to be collaged, or they merge directly into them, disappearing into a thicket of color.

Is this to be understood allegorically? If we agree with Bara’s mother’s neighbor, who was shown one of the pictures by Mrs. Thomas before the exhibition: yes - and again no. But J. R. R. Tolkien could resolve the apparent contradiction for us:

“I cordially dislike allegory in all its manifestations, and always have done so since I grew old and wary enough to detect its presence. I much prefer history – true or feigned– with its varied applicability to the thought and experience of readers. I think that many confuse applicability with allegory, but the one resides in the freedom of the reader, and the other in the purposed domination of the author.”

Applied to the pictures, this would mean that we can of course read, see and interpret allegorically, but we could also ask ourselves: do we have a dominant artist in front of us who dictates something to us, an ego-algorithm? Bara's paintings obviously have an impact on our time, but it is difficult to capture this precisely in terms of language when it comes to painting. In any case, they do not meet the official opinion or standards, so we just needed to read out what was spin-doctored into them by a painting agency.

Perhaps Tolkien can help us again. In his scientific essay “Beowulf, the monsters and the critics” he has a similar problem and he writes right at the beginning:

“Beowulf has been used as a quarry of fact and fancy far more assiduously than it has been studied as a work of art.”

In the rest of the essay, Tolkien explains why he thinks that the famous epic poem is less a database than literature, and that is where Grendel and  the dragon develop their own dynamic.

This could be applied to our pictures like this: So here we have already one problem, namely that we block our access to painting by searching for usable data. And this quickly leads to the next, even more precarious problem, namely that we are tempted to evaluate these, which usually means reducing them to a consistent program, i.e. cleaning it of everything else that could be suspected of being ambiguous.

If we now say: "Bara just paints", then that could sound derogatory because today we no longer trust ourselves to paint without discursive justification, but its ambivalence is pretty accurate. The lack of ambiguity creates fronts, and that is precisely what is not the case here - on the contrary: This is neither a case of "image fetishism", the main accusation of the discursive party, which, as we know, can least do without the cut-out objects that are supposed to embody the message, i.e. the fetish. Nor is it a didactic or representative painting service. Some are busy with trends, feedbacks and moods, i.e. with reacting; Bara just paints.

René Luckhardt


Pressetext

„Das mit den Vögeln, Frau Thomas, fühlt sich genau so an, wie die Welt heute ist“

Bernd Kugler freut sich, mit der 5. Einzelausstellung von Hans-Peter Thomas dessen neue Vogel-Bilder in den Räumen der Galerie in Innsbruck zeigen zu können.

Diese erste Info ist zwar wie üblich formuliert aber nicht wirklich korrekt. Hans-Peter Thomas signiert mit „Bara“. Baras Bilder haben keine Titel und „Vogel-Bilder“ heißen sie auch nicht. Doch sind die Motive auf den Leinwänden dieser Ausstellung ausschließlich Vögel. Sie wirken zum Teil wie auf die sie umgebenden Farbanordnungen appliziert, teils wie collagiert, oder sie gehen in dieselben direkt über, verschwinden in ihrem Farb-Dickicht.

Ist das allegorisch zu verstehen? Wenn wir uns der Nachbarin von Baras Mutter anschließen möchten, die von dieser eines der Bilder vor der Ausstellung gezeigt bekam: ja - und auch wiederum nein. Den scheinbaren Widerspruch könnte uns aber J. R. R. Tolkien auflösen:

„Ich mag Allegorien in all ihren Erscheinungsformen überhaupt nicht, und das war schon immer so, seit ich alt und vorsichtig genug geworden bin, um ihre Präsenz zu bemerken. Ich bevorzuge die Geschichte – wahr oder erfunden – mit ihrer vielfältigen Anwendbarkeit auf das Denken und die Erfahrung der Leser*in. Ich glaube, dass viele Anwendbarkeit mit Allegorien verwechseln, aber die eine liegt in der Freiheit der Leser*in und die andere in der beabsichtigten Dominanz der Autor*in.“

Auf die Bilder angewandt hieße das, wir dürfen selbstverständlich allegorisch lesen, sehen, deuten, aber wir könnten uns auch fragen: Haben wir hier einen dominanten Künstler vor uns, der uns etwas vorschreibt, einen Ego-Algorithmus? Offenbar wirken Baras Bilder in unsere Zeit hinein, aber das sprachlich genau zu erfassen, ist bei Malerei schwierig. Der offiziellen Meinung, ihren Standards kommen sie jedenfalls nicht entgegen, sodass wir jetzt lediglich herauszulesen bräuchten, was in der Agentur für Malerei hineinge(spin)doktert wurde.

Vielleicht kann uns Tolkien noch einmal helfen. In seinem Wissenschaftsessay „Beowulf, the monsters and the critics“ hat er ein ähnliches Problem und er schreibt gleich eingangs dazu:

„Der „Beowulf“ wurde weitaus eifriger als Steinbruch für Fakten und Fantasie verwendet, als dass er als Kunstwerk studiert wurde“

Im Rest des Essays legt Tolkien dar, warum er der Meinung ist, dass wir es bei dem berühmten epischen Gedicht weniger mit einer Datenbank zu tun haben, als vielmehr mit Literatur, und da entwickeln der Grendel und der Drache nun mal eine eigene Dynamik.

Auf unsere Bilder übertragen ließe sich das in etwa so: Hier haben wir also das eine Problem, nämlich dass wir uns den Zugang zur Malerei verstellen, wenn wir darauf aus sind, nach verwertbaren Daten zu suchen. Und daraus ergibt sich schnell das nächste, noch prekärere, nämlich dass wir versucht sind, diese dann auszuwerten, was in der Regel heißt, sie auf ein Programm zu reduzieren, also von allem anderen, was im Verdacht stehen könnte, ambig zu sein, zu säubern und zur Eindeutigkeit zu bringen.

Wenn wir nun sagen: „der Bara malt halt“, dann könnte das abwertend klingen, weil wir uns heute Malerei nicht mehr zutrauen ohne diskursive Berechtigung, es trifft es aber in seiner Ambivalenz ziemlich genau. Eindeutigkeit schafft Fronten, und genau das liegt hier nicht vor - im Gegenteil: Es handelt sich weder um einen „Bilderfetischismus“, dem Hauptvorwurf der diskursiven Fraktion, die auf die zurecht geschnittenen Objekte, die die Message verkörpern sollen, also auf den Fetisch, bekanntlich am allerwenigsten verzichten kann. Noch handelt es sich um eine didaktische oder repräsentative Mal-Dienstleistung. Die einen sind beschäftigt mit Trends, Feedbacks und Stimmungen, also mit Reagieren; der Bara malt halt.

René Luckhardt